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Anhang

Andere Instrumente zur Unterstützung der Abrüstung und Nichtverbreitung biologischer und chemischer Waffen

UN-Generalsekretärsmechanismus

1987 ermächtigte die UN-Generalversammlung den UN-Generalsekretär durch die Resolution 42/37C der Generalversammlung,1 mutmaßliche Einsätze biologischer oder chemischer Waffen zu untersuchen. Damit wurde der „UN Secretary-General’s Mechanism for Investigation of Alleged Use of Chemical and Biological Weapons“ (UNSGM)2 eingerichtet. Der UNSGM basiert rechtlich auf dem Genfer Protokoll von 1925 sowie einschlägigen völkergewohnheitsrechtlichen Regeln und ist derzeit der einzige internationale Mechanismus zur Untersuchung vermuteter Biowaffeneinsätze.

Wenn ein UN-Mitglied eine UNSGM-Untersuchung beantragt und der UN-Generalsekretär feststellt, dass genügend Beweise vorliegen, um eine solche Untersuchung zu rechtfertigen, kann er oder sie auf bestehende Listen mit von UN-Mitgliedsstaaten benannten Expert*innen und Labors zurückgreifen und kurzfristig ein Untersuchungsteam entsenden. Dieses hätte die Aufgabe festzustellen, ob tatsächlich chemische oder biologische Waffen eingesetzt wurden. Der Mechanismus ist politisch unabhängig und untersteht ausschließlich dem UN-Generalsekretär; der UN-Sicherheitsrat hat bei der Untersuchung keine formelle Rolle.

Deutschland ist Mitglied der „Gruppe der Freunde des UNSGM“ und einer der aktivsten Unterstützer der Bemühungen zur Stärkung des Mechanismus.

UN-Sicherheitsresolution 1540 (2004)

Im Jahr 2004 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1540,3 die alle UN-Mitglieder verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung nuklearer, biologischer oder chemischer (ABC-)Waffen und ihrer Trägersysteme an nichtstaatliche Akteure zu verhindern und über ihre Umsetzung der Resolution zu berichten. Die Resolution wurde seitdem mehrmals verlängert, zuletzt 2022 für einen Zeitraum von zehn Jahren.4 Zu den von den UN-Mitgliedern zu ergreifenden Maßnahmen gehören die Verabschiedung und Durchsetzung nationaler Gesetze, um nichtstaatliche Akteure an der Entwicklung oder dem Erwerb von ABC-Waffen zu hindern, nationale physische Schutzmaßnahmen für relevante ABC-Materialien sowie wirksame Grenz- und Transferkontrollen. Um die Umsetzung der Resolution 1540 zu unterstützen, wurde eigens das sogenannte „1540 Committee“ eingerichtet; unter anderem verwaltet es die nationalen Berichte und bietet den UN-Mitgliedern Hilfestellung bei der Implementierung der Resolution.

Deutschland hat die Resolution 1540 umgesetzt und fünf Berichte vorgelegt, den letzten im Jahr 2020.5

Sanktionen und Exportkontrollen

Staaten können verschiedene nationale und internationale Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung von Materialien, Ausrüstung und Technologien, die zur Entwicklung und Herstellung biologischer oder chemischer Waffen verwendet werden könnten, an Staaten oder nichtstaatliche Akteure zu verhindern. Dazu zählen unter anderem Sanktionen sowie nationale und international koordinierte Exportkontrollen.

Nach Kapitel VII der UN-Charta6 kann der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Akteure verhängen, die den Weltfrieden und die internationale Sicherheit gefährden. Der UN-Sicherheitsrat hat wiederholt festgestellt,7 dass die Verbreitung von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen eine solche Gefährdung darstellt. Derzeit gibt es ein Sanktionsregime des Sicherheitsrats, das sich auch auf biologische Waffen bezieht: das Sanktionsregime gegen Nordkorea.8 Die Umsetzung dieser Sanktionen ist für alle UN-Mitgliedstaaten verpflichtend. Darüber hinaus gibt es auch unilaterale Sanktionen im Zusammenhang mit biologischen und chemischen Waffen gegen andere Staaten. So haben etwa die USA9 Sanktionen gegen Russland10 sowie gegen den Iran, Nordkorea und Syrien11 verhängt, und die EU12 hat ein Sanktionsregime im Zusammenhang mit dem Einsatz und der Verbreitung chemischer Waffen eingerichtet.

Exportkontrollen sind eine wichtige Maßnahme zur Umsetzung der Nichtverbreitungsverpflichtungen, die sich aus Artikel IV des BWÜ und der Resolution 1540 ergeben. Es gibt kein globales Exportkontrollregime im Zusammenhang mit biologischen Waffen. Vielmehr liegt die Kontrolle der entsprechenden Ausfuhren in der Verantwortung der einzelnen Staaten. Die Australische Gruppe und das EU-Exportkontrollregime für Güter mit doppeltem Verwendungszweck sind jedoch zwei Beispiele für multilateral koordinierte Maßnahmenpakete zur Exportkontrolle.

Die Australische Gruppe (AG)13 ist eine informelle Vereinbarung, in der 42 Länder und die EU auf der Grundlage gemeinsamer Kontrolllisten zusammenarbeiten, um ihre Exportkontrollen für Substanzen, Materialien, Ausrüstung und Technologien zu harmonisieren, die zur Herstellung biologischer oder chemischer Waffen verwendet werden könnten. Die AG wurde 1985 gegründet, nachdem bekannt geworden war, dass der Irak seine chemischen Waffen, die er in den 1980er Jahren im Iran-Irak-Krieg gegen den Iran einsetzte, teilweise mithilfe legaler Chemieexporte gebaut hatte. Biowaffenbezogene Güter wurden 1991 in die Kontrolllisten14 der Gruppe aufgenommen. Sie umfassen Listen für „Ausrüstungen zur Handhabung von biologischem Material, zugehörige Technologie und Software“, „Human- und Tierpathogen und Toxine“ und „Pflanzenpathogene“. Die Mitgliedschaft in der AG ist grundsätzlich für weitere Staaten möglich, sofern sie eine Reihe von Kriterien erfüllen, die auf der Website der AG aufgeführt sind, und sofern alle derzeitigen AG-Mitglieder zustimmen. Die AG wird kontrovers diskutiert: Während ihre Mitglieder die Existenz der Gruppe mit Verweis auf die Nichtverbreitungsverpflichtungen aus dem BWÜ, dem Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) und der Resolution 1540 rechtfertigen, kritisieren andere Staaten, dass die Gruppe diskriminierend sei und die wirtschaftliche und technologische Entwicklung in anderen Ländern durch die Einschränkung legitimer Transfers behindere.

Die EU hat 2021 mit der Verordnung (EU) 2021/821 (zuletzt geändert 2023)15 ein Kontrollregime für den Transfer von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck eingerichtet, zu denen auch biologische und biowaffenrelevante Güter gehören. Es bezieht sich ebenfalls ausdrücklich auf das BWÜ, das CWÜ und die Resolution 1540 und verpflichtet alle EU-Mitglieder, Transferkontrollen für Güter einzuführen, die als Güter mit doppeltem Verwendungszweck gelten und in Anhang I der Verordnung aufgeführt sind. „Dual Use“ wird in Kapitel 1, Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung wie folgt definiert: „Güter, einschließlich Datenverarbeitungsprogramme (Software) und Technologie, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können; darin eingeschlossen sind Güter, die zur Konstruktion, Entwicklung, Herstellung oder zum Einsatz von nuklearen, chemischen oder biologischen Waffen oder deren Trägersystemen verwendet werden können, einschließlich aller Güter, die sowohl für nichtexplosive Zwecke als auch für jedwede Form der Unterstützung bei der Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern verwendet werden können.“

Deutschland setzt die vom UN-Sicherheitsrat verhängten Sanktionen sowie die von der EU erlassenen Sanktionen und Dual-Use-Exportbestimmungen im Rahmen seiner Verpflichtungen als Mitglied der UN und der EU um. Darüber hinaus ist Deutschland Gründungsmitglied der Australischen Gruppe. Die für die Umsetzung der deutschen Exportkontrollpolitik zuständige Behörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).16

Footnotes

  1. https://undocs.org/Home/Mobile?FinalSymbol­=a%2Fres%2F42%2F37&Language=E&DeviceType=Desktop&LangRequested=False

  2. https://disarmament.unoda.org/wmd/secretary-general-mechanism/

  3. https://undocs.org/Home/Mobile?FinalSymbol=S%2FRES%2F1540%2520(2004)&Language=E&DeviceType=Desktop&LangRequested=False

  4. Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. (2022, 30. November). Resolution 2663 (2022) (S/RES/2663). Vereinte Nationen.

  5. https://www.un.org/en/sc/1540/documents/GermanyReport20Mar2020.pdf

  6. https://www.un.org/en/about-us/un-charter/chapter-7

  7. Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. (2024, 28. April). Resolution 1540 (2004). S/RES/1540 (2004). Vereinte Nationen. https://undocs.org/Home/Mobile?FinalSymbol=S%2FRES%2F1540%2520(2004)&Language=E&DeviceType=Desktop&LangRequested=False

  8. Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. (2006). Security Council Commitee established persuant to resolution 1718 (2006). Vereinte Nationen. https://main.un.org/securitycouncil/en/sanctions/1718

  9. Bureau of International Security and Nonproliferation. Nonproliferation Sanctions. U.S. Department of State. https://www.state.gov/key-topics-bureau-of-international-security-and-nonproliferation/nonproliferation-sanctions/

  10. Bureau of International Security and Nonproliferation. (2023, 15. August). Master Sanctions List. U.S. Department of State. https://www.state.gov/wp-content/uploads/2023/08/MASTER-Sanctions-chart-508-Updates-Aug-2023-1.pdf

  11. Bureau of International Security and Nonproliferation. Iran, North Korea, and Syria Nonproliferation Act Sanctions (INKSNA). U.S. Department of State. https://www.state.gov/iran-north-korea-and-syria-nonproliferation-act-sanctions-inksna/

  12. Europäische Kommission. (2024, 29. August). EU Sanctions Map. Europäische Union. https://www.sanctionsmap.eu/#/main?checked=46,20,18,32&search=%7B%22value%22:%22%22,%22searchType­%22:%7B%7D%7D

  13. The Australia Group. Fighting the spread of chemical and biological weapons. Department of Foreign Affairs and Trade. Australian Government. https://www.dfat.gov.au/publications/minisite/theaustraliagroupnet/site/en/index.html

  14. The Australia Group. Common Control Lists. Department of Foreign Affairs and Trade. Australian Government. https://www.dfat.gov.au/publications/minisite/theaustraliagroupnet/site/en/common-control-lists.html

  15. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=celex%3A32021R0821

  16. https://www.bafa.de/DE/Home/home_node.html